Hier ruhen 2.004 Kriegstote des Zweiten Weltkrieges.
Nach der Invasion der alliierten Streitkräfte in der Normandie am 6. Juni 1944 und deren Vorstoßen durch Frankreich, Belgien und den Niederlanden wurden die Gebiete des Niederrheins und der Eifel Schauplatz furchtbarer Kämpfe.
Im Februar/ März 1945 erreichten die Kämpfe am Niederrhein ihren Höhepunkt. Städte und Orte wechselten mehrfach den Besitzer. In Weeze wurde drei Tage lang (28.02. bis 02.03.1945) erbittert von Haus zu Haus gekämpft, dann setzten sich die deutschen Truppen nach Osten hin ab.
Die Gräberdienste der nachrückenden englischen und kanadischen Einheiten begruben die Gefallenen, die sie fanden; Hunderte aber blieben unbeerdigt in den Wäldern, Feldern, Wiesen und unter den Trümmern der Häuser. Weeze war zu 80 % zerstört.
Die evakuierte Weezer Bevölkerung kehrte im August 1945 in ihren Ort zurück. Obwohl sie von eigenen Sorgen und Nöten hart bedrängt war, kümmerte sie sich um die Bergung der Toten und die Pflege ihrer Gräber. Die Gemeinde Weeze ließ alle vorhandenen Gräber erfassen. Regierungsinspektor i. R. Albert Eckardt übernahm in aufopfernder Weise diese Arbeit.
Für die Anlegung einer bleibenden Kriegsgräberstätte stellte die Familie von Loë ein 2 ha großes Gelände, das im Volksmund “Sandberg” genannt wurde, unentgeltlich zur Verfügung. Der “Sandberg” war im Krieg schwer umkämpft und wechselte mehrfach den Besitzer.
1947 begann der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, unermüdlich unterstützt von Albert Eckardt und Gemeindeamtmann Heinz Hoever, der bis 1996 Umbetter des Volksbundes in Nordrhein-Westfalen war, die Gefallenen aus den Feldgräbern der umliegenden Ortschaften auf dem “Sandberg” zusammenzubetten. Die in Weeze ruhenden Toten stammten aus den Gemeinden Aldekerk, Capellen, Geldern, Herongen, Hülm, Issum, Kevelaer, Kervenheim, Uedem, Uedemerfeld, Uedemer Bruch, Wankum, Wachtendonk, Walbeck, Weeze, Wetten, Winnekendonk, Veert und Vernum.
Unter den Toten ruht auch Dr. Siegfried Emmo Eulen, einer der Gründerväter des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge 1919, der infolge einer Verwundung im Lazarett Schloss Wissen 1945 verstarb.
Die Kriegsgräberstätte Weeze ist eine der wenigen Anlagen in Nordrhein-Westfalen, die nicht durch den Landesverband, sondern von der Bundesbauleitung des Volksbundes unter ihrem Chefarchitekten Robert Tischler, München, geschaffen wurde.
Grundgedanke der Gestaltung war die natürliche Einbindung des Friedhofes in die Landschaft. So ließ man u. a. das leicht wellige, zu einem Kamm auflaufende Gelände weitgehend unplaniert. Die Umfriedung durch Erdwälle und die Bepflanzung des Gräberfeldes mit heimischem Heidekraut unterstreichen den Gestaltungsgedanken.
Auf kleinen Grabplatten aus Hartbranntstein stehen die Namen der Gefallenen, Symbolkreuzgruppen aus Basaltlava kennzeichnen das gesamte Gräberfeld. Sie erinnern an mittelalterliche Sühnekreuze.
Mittelpunkt der Anlage ist eine mächtige Hochkreuzgruppe aus Basaltlava, die sich auf einem steinernen Rundsockel erhebt. Die drei Kreuze sind aus einem 275 t schweren Monolithen aus einem Steinbruch bei Gerolstein/ Eifel gehauen worden.
Das mittlere Kreuz mit einem Gewicht von 19 t ist 5 m hoch, die seitlichen Kreuze sind je 15 t schwer und messen eine Höhe von jeweils 3, 50 m. Das Rondell, auf dem die Kreuzgruppe steht, wurde mit Rollschichtpflaster umgeben, die Flächen mit Katzenkopfpflaster aus gespaltenem Kiesel bedeckt. Die natürliche Vermoosung des Pflasters ist gewollt.
Der hintere Abschnitt des Friedhofes wird durch eine Mauer gebildet, die im Halbbogen verläuft und an ihren beiden Enden zu achteckigen Kapellenbauten führt. Im Innern dieser Kapellen stehen auf Solnhofer Platten die Namen der Gefallenen.
Später konnten noch viele der in Weeze ruhenden Unbekannten identifiziert werden. Ihre Namen stehen auf fünf Marterln (Totenbretter) aus Ruhrsandstein, die an der Ringmauer angebracht wurden.
Eine vor dem Aufgang zur Kriegsgräberstätte aufgestellte Steinstele ist den Gefallenen gewidmet, deren Gräber unerreichbar sind. Sie trägt die Inschrift
WO IHR AUCH RUHEN MÖGET
IN DER WEITE DES OSTENS
VERGESSEN SEID IHR NICHT!
Auch der Kriegstoten der Gemeinde Weeze, die im Zweiten Weltkrieg fern ihrer Heimat gefallen sind, wurde bei der Errichtung des Friedhofes gedacht. Rechts und links des Weges zur Hochkreuzgruppe stehen auf Eichenstelen die Namen dieser Toten.
„“Das Sterben am Niederrhein 1944/ 45 war ein “Opfergewordensein”, ein “Geopfertwordensein”, denn der Krieg war damals schon verloren und viele, die hier liegen, wussten, dass er verloren sei. Und das ist das tragisch drückende Gefühl: Sie starben an ihre Pflicht gebunden, und davon darf nur in Dankbarkeit und Ehrfurcht vor dem Einzelschicksal gesprochen werden. Ein anderer Ton ist nicht erlaubt.”“
Bundespräsident Theodor Heuss (1884 - 1963)
Am 10. September 1950 wurde die Kriegsgräberstätte Weeze durch Bundespräsident Professor Theodor Heuss eingeweiht und in die Obhut der Gemeinde gegeben. Neben vielen Angehörigen der Toten und unzähligen Bürgern der Gemeinde Weeze und der umliegenden Orte nahmen auch Vertreter des englischen und italienischen Gräberdienstes sowie zahlreiche Besucher aus den Niederlanden an der Einweihung teil.
Gegen das Vergessen
Auf dem Rasenfeld unterhalb des Aufgangs zur Kriegsgräberstätte steht ein Ginkgo-Baum. Im Rahmen der Veranstaltung zum Gedenken an die Einweihung des Friedhofes vor 50 Jahren wurde am 19. November 2000 (Volkstrauertag) dieser Ginkgo-Baum durch Ministerpräsident Wolfgang Clement und Bürgermeister Johannes Snelting als Symbol gegen das Vergessen gepflanzt.
Der Name Ginkgo kommt aus dem Japanischen: gin = Silber, kyo = Aprikose, eigentlich „Silberaprikose“, so genannt wegen des silbrigen Aussehens der Blätter im Wind und der Art der Früchte.
Den Ginkgo gibt ist seit Millionen von Jahren. Er gehört zu den Nadelgehölzen, die im Winter ihre „Blätter“ verlieren, und gilt schon von alters her als Heilpflanze.
Mit dem Atombombenabwurf am 6. August 1945 auf Hiroshima erlangte der Ginkgo historische Bedeutung. In der völlig verbrannten Stadt trieben die Ginkgo-Bäume als erste Gewächse wieder neue Blätter, darunter ein Baum, der nur 800 m vom Zentrum der Explosion entfernt stand. Seine „mystische Kraft“ soll auch den Tempel gewissermaßen beschützt haben, der als einziges Gebäude in dem Stadtteil nicht ausgebrannt war. Seither gilt das Blatt des Baumes als Zeichen der „Hoffnung auf junges Wachsen im Frieden“. Der Ginkgo-Baum mit seinen in sich geteilten Blättern existiert in einer männlichen und weiblichen Form. Nur im Miteinander kann er sich vermehren; dies machte ihn dann auch zum Symbol für Zuwendung und Gemeinsamkeit.
Johann Wolfgang von Goethe hat 1815 mit seinem Gedicht an Marianne von Willemer, die Suleika seines „West-Östlichen Diwans“, den Ginkgo-Baum poetisch unsterblich gemacht:
Ginkgo
Dieses Baums Blatt, der von Osten
meinem Garten anvertraut,
gibt geheimen Sinn zu kosten,
wie´s den Wissenden erbaut.
Ist es ein lebendig Wesen,
das sich in sich selbst getrennt,
sind es zwei, die sich erlesen,
dass man sie als Eines kennt.
Solche Fragen zu erwidern
fand ich wohl den rechten Sinn;
fühlst Du nicht an meinen Liedern,
dass ich eins und doppelt bin.
Vor dem Hintergrund der Vielfalt seiner Bedeutungskraft finden wir an vielen Kriegsgräberstätten im In- und Ausland einen Ginkgo-Baum. Die Gräber in Weeze schlagen mit ihrer Aussagekraft und ihrem Anspruch schicksalhafte Brücken zu den Kriegsgräbern überall auf der Welt.
Ministerpräsident Wolfgang Clement stellt in seiner Gedenkrede am Volkstrauertag 2000 dazu fest:
„Wer sich diesen Gräbern zuwendet,
wer sie pflegt und betreut,
der dient dem Frieden,
der dient der Verständigung
zwischen den Völkern
und damit dem Leben.
Die Opfer der Kriege und Gewaltherrschaft
mahnen uns,
Leid zu bezeugen,
Schuld anzuerkennen und
das Bild des Menschen im Herzen
unserer Mitbürger wieder herzustellen.“