Meldungen aus dem Landesverband Nordrhein-Westfalen
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375 Jahre Westfälischer Frieden – und bis heute nichts gelernt?!

Diskussion mit Wolfgang Schneiderhan über Friedensschlüsse damals und heute

Diskutieren angeregt (v.l.n.r): Manfred Müller, Anna Katharina Bölling, Prof. Dr. Peter Schallenberg, Wolfgang Schneiderhan, Elmar Brok Die Glocke

Paderborn. Vor 375 Jahren beendeten mehrere europäische Kriegsparteien den „Dreißigjährigen Krieg“, der zuvor Mitteleuropa verwüstet und sechs Millionen Todesopfer hinterlassen hatte. Nach fünfjährigen Verhandlungen schlossen sie in Osnabrück und Münster den „Westfälischen Frieden“. Er gilt heute als Grundlage des modernen Völkerrechts. Anlässlich dieses Jubiläums lud der Verein Westfalen e.V. gemeinsam mit dem Paderborner Bürgerschützenverein und dem Landesverband NRW im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zur Diskussionsveranstaltung in die Paderborner Kaiserpfalz ein. 

„375 Jahre Westfälischer Frieden – und bis heute nichts gelernt?“ – unter diesem Motto diskutierten die Detmolder Regierungspräsidentin Anna-Katharina Bölling, der Paderborner Theologieprofessor Peter Schallenberg, der ehemalige Europa-Abgeordnete Elmar Brok und der Präsident des Volksbundes, Wolfgang Schneiderhan, ob der Westfälische Frieden als Vorbild für aktuelle Konflikte dienen kann. Moderiert wurde die Diskussion vor mehr als 200 Gästen vom Vorsitzenden von Westfalen e.V., dem früheren Paderborner Landrat Manfred Müller. Finanziell unterstützt wurde die Veranstaltung vom Textilhaus Klingenthal und der Stiftung Gedenken und Frieden. Lesen Sie hier einen Bericht aus „Die Glocke“ (24.03.2023):  

„Gedämpfte Hoffnung auf Frieden"

Paderborn. Aus dem historisch bedeutsamen Westfälischen Frieden von 1648, mit dem vor 375 Jahren ein Schlussstrich unter die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges in Europa gezogen wurde, lassen sich keine tauglichen Anleitungen für eine schnelle und vor allem langfristig tragende Beendigung von Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine ableiten, allenfalls ein paar Anregungen. Die Voraussetzungen sind zu unterschiedlich. Mit diesem ernüchternden Fazit schloss der Meinungsaustausch prominenter Gäste zum Thema „Krieg und Frieden“, zu dem der Westfalen e. V. gemeinsam mit Partnern in die Paderborner Kaiserpfalz eingeladen hatte.

Der Neustart einer europäischen Friedensordnung muss nicht nur von einigen Politikern, sondern von der gesamten Bürgerschaft gewollt werden. Dieser Überzeugung ist General a. D. Wolfgang Schneiderhan (76), bis 2009 Generalinspekteur der Bundeswehr und seit 2017 Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Vor allem in der russischen Zivilgesellschaft, die von Putin systematisch unterdrückt werde, bewege sich „in dieser Hinsicht leider nichts“.

Die Hoffnung auf kurzfristige aus der Mitte der russischen Zivilgesellschaft vorangetriebene Friedensforderungen dämpfte auch der Paderborner Moraltheologe Prof. Dr. Peter Schallenberg. Solche Entwicklungen seien „in der Regel ein sehr langer Prozess, zumal, wenn die Menschen aktuell eher mit dem bloßen Überleben beschäftigt sind“, führte er aus. Der Volksbund ist als Nichtregierungsorganisation nach wie vor in Russland und in der Ukraine aktiv. Das unter dem Motto „Versöhnung über den Gräbern“ über die Jahre hinweg errichtete und heute von vielen jungen Menschen getragene Netzwerk bestehe weiterhin und könne als ein Element für den Aufbau von Friedensstrukturen „in der Zeit danach“ genutzt werden, vermittelte Schneiderhan Hoffnungsvolles.

Auch vor dem Hintergrund des russischen Überfalls auf den Nachbarn Ukraine will Detmolds Regierungspräsidentin Anna Katharina Bölling das Thema Versöhnung nicht aus den Augen verlieren. Sie begrüßt es, dass NRW-Landtagspräsident André Kuper (CDU) noch in diesem Jahr den Ausbau der Stalag-Gedenkstätte für sowjetische Kriegsgefangene in Schloß Holte-Stukenbrock „auf die Spur bringen wird“. Eine wesentliche Lehre aus dem Westfälischen Frieden ist für den ehemaligen Europaparlamentarier Elmar Brok, dass jedes Land ein Recht auf Souveränität und die Unverletzlichkeit seiner Grenzen hat. Genau dieses Recht auf Selbstbestimmung trete Putin mit Füßen.“

Text und Foto: Von Martin Gog („Die Glocke“)

Einen weiteren Bericht hat der Verein "Westfalen e.V." veröffentlicht.