Meldungen aus dem Landesverband Nordrhein-Westfalen
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"Man muss die Orte unbedingt mit eigenen Augen sehen"

Lehrkräfte aus NRW besuchen Ysselsteyn und Groesbeek

Ausstellung im Besucherzentrum in Ysselsteyn über die Geschichte der Kriegsgräberstätte Astrid Wolters

Essen/Ysselsteyn. Am 22. und 23. August 2023 trafen sich Lehrkräfte aus ganz NRW in den Niederlanden, um sich über die Orte und ihre Angebote zu informieren. Unter dem Titel „Fragen des transnationalen historisch-politischen Lernens an außerschulischen Lernorten“ erlebten sie einen anderen Blick auf die Geschehnisse des Zweiten Weltkriegs und die Unterschiede in der deutschen und niederländischen Erinnerungskultur.

Auf Einladung von Andreas Weinhold, Bildungspartner NRW, und Astrid Wolters, Landesverband NRW des Volksbundes, besuchten sie die deutsche Kriegsgräberstätte in Ysselsteyn. Der wissenschaftliche Mitarbeiter Jan Heemels informierte sie über aktuelle und geplante Bildungsangebote für Jugendliche und Erwachsene und führte sie durch die Ausstellung im Besucherzentrum.

Fast 32.000 Kriegstote sind auf der flächenmäßig größten deutschen Kriegsgräberstätte der Welt begraben, so viele Menschen wie durchschnittlich an einem Tag im Zweiten Weltkrieg gestorben sind.

Auf der Führung über die Kriegsgräberstätte präsentierte Jan Heemels einige persönliche Geschichten der in Ysselsteyn bestatteten Männer, Frauen und Kinder. Hier liegen Menschen aus insgesamt über 30 Nationen: Soldaten, SS-Leute, auch Kriegsverbrecher, Kollaborateure, Zivilisten. Der jüngste dort Bestattete ist ein Säugling, Josef Meijer, der nur einen Tag alt wurde.

Die Lehrkräfte sagten nach dem Besuch: „Man muss es mit eigenen Augen gesehen haben. Die unfassbar große Anzahl der Grabkreuze in Ysselsteyn, hinter jedem Kreuz steht eine Person, eine Biografie, ein Mensch.“  Erst vor Ort würden die Dimensionen des Zweiten Weltkriegs begreifbarer.

Nach einem Gespräch über Möglichkeiten, Erinnerungskultur heute in Ysselsteyn neu zu gestalten, und der Übernachtung in der Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte Ysselsteyn fuhr die Gruppe nach Groesbeek.

Zunächst besuchte sie die kanadische Kriegsgräberstätte südöstlich von Nijmegen mit rund 2.600 Kriegstoten. Hier sind überwiegend kanadische Soldaten begraben, die in der Operation „Market Garden“ und der Aktion „Veritable“ beim Einmarsch nach Deutschland am Ende des Zweiten Weltkriegs gefallen sind. Ein dort bestatteter Soldat ist Thomas Ward Alexander, der dem Essex Scottish Regiment angehörte. Er starb im März 1945 mit 20 Jahren in Deutschland. In seinem letzten Brief schrieb er: “Well Jim, I hope this war will soon be over so we can all go home. I don’t think it will be very long now though and I hope I’m thinking right.“ Die niederländische Organisation „Faces to Graves“ versucht, alle Geschichten der dort bestatteten Kanadier zu rekonstruieren, auch die von Alexander, um ein digitales Mahnmal zu schaffen. Über 890 Biografien sind bereits online abrufbar.

In Groesbeek führte der Museumsleiter Wiel Lenders dann durch das nahegelegene Freiheitsmuseum, das u.a. die Operation „Market Garden“ darstellt und neben der niederländischen auch deutsche oder US-amerikanische Perspektiven einbringt und Biografien darstellt und Gegenwartsbezüge herstellt. Mit ihm tauschten sich die Lehrkräfte über die niederländische Perspektive auf den Zweiten Weltkrieg und das historisch-politische Lernen im Museum aus.

Einhelliges Fazit nach zwei Tagen: Alle besuchten Orte eignen sich sehr gut für Besuche mit Schulklassen und Fortbildungen für Lehrkräfte, um Denkmuster aufzubrechen und Diskussionen anzuregen.  Eine gute Verbindung zwischen Geschichte und Gegenwart aus unterschiedlichen Perspektiven. Jugendliche und Erwachsene werden aktiviert und direkt angesprochen, und zudem sind die Orte in relativ kurzer Zeit aus Nordrhein-Westfalen zu erreichen.

 

Text: Astrid Wolters